2002 Tabasco 7

 

Weshalb Chick-no-more?

Eine klare Bankermeinung?

Es lohne sich langfristig, diverse erstklassige Schweizer Aktien jetzt zu kaufen, schreibt die UBS am 19. Juli ihren Kunden, wenige Tage später sank der SMI auf den absoluten Tiefststand des Jahres. Wer nicht sofort nach Eingang des Schreibens gehandelt hatte, konnte noch 700 SMI Punkte zusätzlich verdienen. Ob wirklich alle Banker des Hauses voll hinter dieser Kampagne vom 19. Juli standen, darf bezweifelt werden. In einem wenige Tage später versandten internen Mail war von «...da wir die Börsenlage nicht abschätzen können» die Schreibe. Der Befehl «Kaufen nicht verkaufen» wäre das dazu passende jüdischen Bonmot (bitte Korrektoren und Layouter, keine Kommas setzen, das überlassen wir hier den Lesern).

Kaufen nicht verkaufen war wohl auch bei der aufstrebenden Kette Chick’n’more die Frage. Entwicklungen kosten Geld. Da nicht alle Jungunternehmer über das notwendige Kleingeld verfügen, sind sie auf Investoren angewiesen. Mit zwei Millionen frischem Aktienkapital startete die Chick’n’more im November 2000 durch. Bei Chick’n’more hiess die Investorin mit dem grössten Einfluss Tuxedo, eine börsenkotierte Investmentgesellschaft. Auch der Tuxedo-Börsenkurs hat sich in den letzten Monaten massiv verschlechtert, ihre Aktionäre mussten Verluste einstecken. Im Frühjahr informierte die Tuxedo ihre Aktionäre anlässlich der Generalversammlung, dass sie bei einer Kapitalerhöhung ihrer Chick’n’more Beteiligung mitmachen würde, falls noch ein Dritter einsteige. Die Zahlen der Chick’n’more seien gut und es bestehe eine klare Investmentstrategie mit dem Management der Gesellschaft für einen gewinnbringenden Verkauf in drei bis vier Jahren. Mit ihrer Mehrheitsbeteiligung könnten sie den Exit steuern. Gemäss Business-Plan der Chick'n'more war im Verlaufe des Jahres 2002 die nächste Tranche in Sachen Kapitalerhöhung geplant.

Anscheinend fand sich kein Dritter. Im Juli teilte die Tuxedo mit, sie würde an keiner Kapitalerhöhung teilnehmen und habe die Beteiligung in ihren Büchern abgeschrieben. Klar, dass damit auch andere Interessenten abgeschreckt wurden. Das Chicken-no-more folgte postwendend. Ende Juli wurde der Konkurs eröffnet.

Was ist denn innert drei Monaten mit den guten Zahlen und der Investmentstrategie so schlecht geworden? Plötzlich ist es kein Thema mehr, ob die Zahlen gut waren und in drei bis vier Jahren Gewinn erzielt würde. Innert dreier Monate konnte sich die Entwicklung der Chick’n’more kaum derart verschlechtert haben. Lag das Problem bei Tuxedo intern und die Chick-no-more ist Folge von Börsenspielereien?

14 Betriebe umfasste dieses aufstrebende Huhn-Konzept bereits, ein Verlustvortrag sei nicht das Problem in der Bilanz gewesen. Die Finanzierung bedurfte es wegen des Wachstums und der Investitionen, teilt ein enttäuscht klingender ehemaliger Verwaltungsrat von Chick'n'more mit. Der Liquiditätsbedarf sei im langfristigen Businessplan enthalten gewesen, aber im derzeitigen Börsenumfeld sei eine Finanzierung nicht mehr so einfach zu finden. Speziell dann nicht, wenn die Hauptaktionärin mitteilt, sie habe die Beteiligung in ihren Büchern abgeschrieben.

Ein anderes Unternehmen unserer Branche hatte diesbezüglich mehr Glück. Auch die Dorint-Hotel-Kette wuchs schneller als das Geld zufloss. Sie fand jedoch mit dem Einstieg von Accor einen Rettungsanker.

Wer ist denn zuständig?

Anfang Juli verlangten einige Tuxedo-Aktionäre eine teilweise Nennwertrückzahlung ihrer Aktien. Der Verwaltungsrat der Tuxedo war dagegen. Kann eine Investment-Gesellschaft noch Neuinvestitionen tätigen, falls die nächste Generalversammlung der Nennwertrückzahlung zustimmen würde? Wohl kaum. Also könnte ein Problem mit den Aktionären der Tuxedo indirekt dem Hühnerhals das Genick gebrochen haben? Die an der Generalversammlung genannte Exit-Strategie wurde zur Exit-Sterbehilfe, ganz ohne dass der Patient selbst dies gewünscht hätte.

Ein Salz&Pfeffer-Streuer suchte den Kontakt zum Sekretär des Verwaltungsrates der Tuxedo. Anhand seiner Adresse stellten wir fest, dass es sich hier um ein Mitglied der Anwaltsfabrik Baker&McKenzie handelt. Von diesem eine Telefonnummer des Asset-Managers erhalten und dort angerufen. Aber wieder keine Firma Tuxedo an Draht. Swiss Life, eine Tochter der Rentenanstalt, nahm das Telefon ab. Wenn die dabei sind, da hätte doch deren Gotthard-Bank einsteigen können? Hatten die denn keine Lust? Der Herr Bieri von Swiss Life sei grad einige Tage an einem Warburg Seminar. Warburg? Das wäre ja UBS. Und die war sich im Juli intern selbst nicht so sicher, was in Sachen Aktien entschieden werden soll.

Die Finanzierung eines Gastroprojekts ist in Zeiten, in denen bereits bestehende Betriebe um jeden Banken-Franken kämpfen müssen, wahrlich kein Zuckerschlecken. Etwa 400 Millionen beträgt das Eigenkapital der Tuxedo, fünf Millionen soll die Tuxedo bisher in Chick-no-more investiert haben.

Fünf Millionen sind ein Bruchteil der Abgangsentschädigungen, die einige Allfinanz-Manager in letzter Zeit erhielten, ein paar von deren Millionen hätten für das Weiterführen des Huhn-Konzepts gereicht. Weshalb hat sich nicht einer von denen mit etwas Taschengeld dieser Herausforderung angenommen? Gezeigt, dass auch die Chefetagen im kleineren Bereich Arbeitsplätze erhalten können.

Am 17. September lehnte die Generalversammlung die Kapitalreduktion bei Tuxedo ab. Ob jemand das Huhn aus der Konkursmasse heraus lösen und wiederbeleben könnte, war bei Redaktionsschluss noch nicht klar. Schade, in Portrait&Konzepte, unserem Jahrbuch der neuen Gastronomie, müssten wir sonst eine Adresse löschen.

Hoher Besuch

Klaus Künzli, oberster Hüter im Wirteverband, besuchte das Salz&Pfefferland. Während sein Vorgänger jeweils via juristischem Hilfspersonal mit dem Salz&Pfefferland kommunzierte, kam er persönlich zu Besuch.

Klaus Künzli scheint auf den ersten Blick ein modern denkender Präsident zu sein. Schon früh bedankte er sich bei den Basler Baizern unter Sepp Schüpfer für die von ihnen initierte Reform der Verbandsstrukturen und nun sind wir gespannt auf seine Durchsetzungskraft. Eisbrechermässig wird er auf die verkrusteten Verbandsdenkereien auffahren und hoffen, die Kruste breche ein und lasse ihn das Schiff im offenen Gewässer weitersteuern. Das alte Gedankengut wird aufgebrochen und schmilzt im warmen Golfstrom weg oder wird ganz natürlich wegsterben und kremiert.

Ausbildung wäre so ein Reform-Thema. Vor Jahren schon überlegte sich unser Romeo Brodmann, ob eine Service-Lehre nicht Kommunikation und Psychologie beinhalten sollte. So sind wir gespannt, ob Klaus Künzli es fertigbringt, neben vorgenannten Themen, den Lehrlingen auch noch Ballett-Unterricht als Teil des Auftritts vor den Gästen zu verordnen.

Logisch Denken

Was wird Klaus Künzli in Sachen Fähigkeitsausweis unternehmen? In 10 Kantonen ist dieser vollständig oder teilweise abgeschafft. Als modern denkender Präsident wäre ein klares Nein zu solcher Art Heimatschutz das Ziel. Zumindest falls der Präsident ein fortschrittlicher Unternehmer ist. Als FDP Mitglied und Politiker im Berner Parlament sollte ihm solches Denken nahe liegen.

Vor kurzem produzierten unsere höchsten Richter zu Lausanne jedoch wieder einmal ein abschreckendes Muster zum Thema Heimatschutz und Kantönligeist. Die Folge: Ein fähiger Berufsmann kann die von ihm gewünschte Tätigkeit nicht ausüben. Ein Anwalt, der in Appenzell Innerrhoden eine Kanzlei betreibt und wenige Kilometer entfernt davon in Appenzell Ausserrhoden lebt, darf in AI nicht als Notar tätig sein. Es könnte die Verbundenheit zur örtlichen Bevölkerung fehlen... Egal wie fähig also jemand ist, die Kantonsgrenze behindert ihn in der freien Ausübung seines Berufes.

Genauso sind auch gute Berufsleute unserer Branche durch solche Hürden behindert. Im Kanton Thurgau wurde die vor langer Zeit von Carmen Haag eingereichte Motion, das Gastgewerbegesetz sei aufzuheben, am 14. August mit 93:19 Stimmen für nicht erheblich erklärt. Alle Fraktionen ausser der CVP waren dagegen. Wo bleibt da die Freiheit des Unternehmertums die zum Beispiel von Blochers SVP sonst gepredigt wird? Wo bleiben die FDP-ler? Wenn es um das eigene Portemonnaie geht, scheint von freiem Unternehmerdenken nicht mehr viel übrig zu bleiben. Der Verstand rutscht in den Arsch, genauer gesagt in die hintere Gesäss-Tasche.

Mit Bezug auf den Appenzeller Entscheid schrieb die NZZ «Wenn das verfassungsmässig ist, dann wohl nur deshalb, weil die Gesetze der Logik nicht Verfassungsrang haben...».

Hoffen wir auf einen logisch denkenden Klaus Künzli.

Taxi = Cafetier?

Den Cafetiers wäre ebenso logische Denke zu verordnen. Zum Trost über die nicht sehr rosigen Zahlen in ihrer Branche, vergleichen sie ihr Einkommen gemäss Branchen-Statistik mit denjenigen von Taxi-Chauffeuren. Bei diesem Vergleich klemmt‘s aber mächtig. Und bevor nun alle Taxi-Chauffeure ein Café eröffnen, hier eine kleine Ergänzung zum Vergleich.

Taxi-Chauffeure dürfen nur eine beschränkte Anzahl Stunden pro Tag arbeiten. Und in dieser beschränkten Zeit erwirtschaften sie jenes Einkommen, welches die Cafétiers als Vergleich mit dem ihrigen verwenden. Cafétiers haben jedoch keine Zeitscheibe und keine Polizei die die Arbeitszeit reglementiert. Sie stehen so lange sie wollen oder müssen im Betrieb. Ebenso kann der Taxi-Chauffeur die liebende Ehefrau nicht einfach mal zwischendurch ins Steuerrad greifen lassen, falls gerade mal ein Schub Gäste ansteht. Rechnet der Cafétier das ganze auf einen Stundenlohn herunter, so wird er sich wohl eher überlegen, Taxifahrer zu werden. Nur sind dort zu gewissen Zeiten an gewissen Orten ähnliche Überkapazitäten vorhanden, wie im Gastgewerbe.

Besser geht es zur Zeit noch den Taxifahrern in Paris. Dort werden Taxi-Lizenzen zu hohen Preisen gehandelt und keine Regierung traut sich neue, zusätzliche, Lizenzen herauszugeben. Ein darauf folgender Taxi-Streik würde die ganze Stadt lahmlegen. Die Taxifahrer würden bei einer Erhöhung der Anzahl Lizenzen ihre Pfründe verlieren, denn für viele ist der Verkauf der Taxi-Lizenz die Altersvorsorge. Also bleibt es bei der überholten Regelung. Ein wunderbares Beispiel, wohin unnötige staatliche Eingriffe führen können.

Das lange Zeit als Tabuzone betrachtete Thema Patentliegenschaften wurde in der Schweiz schlussendlich abgeschafft, wann folgt eine gesamtschweizerische Lösung zum Thema Fähigkeitsausweis?