2002 Tabasco 3

Salz&Thurgau

Die letzten Zeilen zum Thema der fehlgeleiteten Gesetzesrevision haben gewirkt. Zumindest teilweise. Innert 48 Stunden nach Erscheinen des letzten Salz&Technik waren die Internet-Seiten von Gastro-Thurgau und Ritter Rainer von der Sonne zu Landschlacht überarbeitet oder hatten zumindest ein neues Datum darauf.

Zusätzlich lud der Gewerbeverband im Rahmen der Frühjahrsmesse in Frauenfeld das Salz&Pfefferland zu einer öffentlichen Gesprächsrunde. Mit dabei Hans Oertle der Gastro-Frauenfeld und Erwin Sommer vom Agro Marketing als Vertreter der Fraktion, die am alten Zopf Fähigkeitsausweis festhielten. Auch mit dabei Carmen Haag, die Kantonsrätin die nicht nur den Paragraphen 15, sondern gleich das ganze Gastro-Gesetz abschaffen möchte. Ob nun gleich das ganze Gesetz oder nur der Paragraph 15. Klar ist, dem Fähigkeitsausweis droht über kurz oder lang das gleiche Schicksal wie der Bedürfnisklausel.

Während Jahren hielten die Wirteverbände an den Patentliegenschaften fest. Mit den unmöglichsten Argumenten wurde gegen eine Deregulierung gekämpft. Inzwischen ist die Bedürfnisklausel in sämtlichen Kantonen abgeschafft worden oder findet keine Anwendung mehr. Auf Seite 14 von Portrait&Konzepte, dem Jahrbuch der Neuen Gastronomie, findet sich eine Zusammenstellung der verschiedenen Bestimmungen in der Schweiz. Aus dieser Liste geht hervor, dass bereits zehn Kantone den Fähigkeitsausweis abgeschafft haben. Um den Thurgau herum die Kantone Zürich und St. Gallen, unweit des Thurgaus der Kanton Appenzell Ausserrhoden.

Konkurrenzschutz mit Sondervorteil

Anfang Jahr wurde vor Bundesgericht über sein oder nicht sein von Patentgebühren verhandelt. Nun plötzlich ist von den alten Begründungen von wegen Qualität und Alkohol wie sie die Vertreter des Wirteverbandes früher vortrugen, nichts mehr zu lesen. Statt dessen tritt nun die Wahrheit zu Tage. Vor Bundesgericht wurde argumentiert, die damaligen Bedürfnisklauseln hätten einen Konkurrenzschutz bewirkt und dem Patentinhaber einen wirtschaftlichen Sondervorteil verschafft. Die künstliche Verknappung von Wirtschaften habe eine erhebliche Wertsteigerung der bestehenden Betriebe mit sich gebracht. Voila, nun liegt die Wahrheit auf dem Tisch. Alles dummesZeugs was die Verbände früher zum Schutz und der Beibehaltung von solchen Bestimmungen vorbrachten.

Genauso wird es in einigen Jahren nach Abschaffung der Fähigkeitsausweise tönen. Heute halten sich die verkrustet denkenden mit dem Fähigkeitsausweis die unbeliebte Konkurrenz vom Leibe.

Rassistische Fremdsprachenbarriere

Bis zu einem gewissen Grad wird dies durch eine Fremdsprachenbarriere bewerkstelligt. Die Autoprüfung kann auf Französisch, Türkisch, Arabisch, Serbokroatisch und anderen Sprachen mehr abgelegt werden. Der Fähigkeitsausweis für das Gastgewerbe im Kanton Thurgau nur in Deutscher Sprache. Autofahren ist einiges tödlicher als einen zu Betrieb führen.

Mit der Sprachbarriere wird der ausländischen Konkurrenz eine Hürde in den Weg gelegt. Wer einen Betrieb eröffnen will und nicht selbst über einen Ausweis verfügt, nimmt den Umweg über den Strohmann. So wird dem Nebenverdienst, proforma sein Patent einem Nichtpatentinhaber zur Verfügung zu stellen, Vorschub geleistet. Dass damit auch zum Beispiel einem Schweizer aus dem Tessin unnötig Steine in den Weg gelegt werden, zeugt nicht von einem einig Volk von Schweizern.

Der Gratis-Heftliproduzent aus Bern rechnet übrigens mir der Mehrsprachigkeit der Deutschen Schweiz. Anders ist nicht zu erklären, weshalb er seine französische Version in der Deutschen Schweiz verteilen liess. Auflage um jeden Preis? In einer Frühjahrsnummer nennt René Frech sein Heft eine Fachzeitschrift. Offensichtlich beeindruckt ihn, dass einige wenige andere Zeitschriften aus dem Gastronomiebereich als QFZ, d.h. Qualitätsfachzeitschriften, anerkannt sind. Will René Frech sein Heftli bei der QFZ anerkennen zu lassen? Salz&Technik im gleichen Atemzug mit René Frech, das kann doch nicht sein. Es wäre wohl ein Grund, bei der QFZ auszutreten.

Egal ob nun auf Deutsch oder Ausländisch. Die Gastro-Thurgau offeriert selbst keine Vorbereitungskurse. Sie stützt sich auf das Kursangebot der Gastro-St. Gallen. Ausgerechnet auf Kurse eines Kantons also, in dem kein Fähigkeitsausweis mehr vorgeschrieben ist. In St. Gallen ist lediglich ein Kurs über Hygiene und Suchtprävention abzulegen. Also ähnlich  wie der erste Hilfe Kurs, der Pflicht für angehende Autofahrer ist.

Alkoholproblem

Eine kleine Umfrage bei kantonalen Lebensmittelinspektoren zeigt, dass in Kantonen ohne Ausweispflicht keine nennenswerte Verschlechterung der Situation eintrat. Eine spezielle Statistik wird nicht geführt. Probleme liegen eher bei den Alteingesessenen die sich nicht mehr um Fortbildung kümmerten und somit nicht mehr immer auf dem neuesten Stand seien. Ein Wirtepatent mache noch lange keinen guten Wirt aus. Aus einem Kanton verlautete, Hauptproblem sei der Alkoholismus.

Das Argument der Thurgauer Gewerbler, ohne Ausweis wüssten die Wirte nicht wie mit AHV und Mehrwertsteuer umzugehen sei, sticht nicht. Die 'alten' Patentinhaber mussten Mitte der 90-er Jahre bei Einführung der Mehrwertsteuer keinen zusätzlichen Abschluss ablegen.

Auch mit Fähigkeitsausweis gehen im Kanton Thurgau Betriebe in Konkurs. Auch mit Fähigkeitsausweis werden Betriebe wie Conny-Land eröffnet. Ein Betrieb, der gemäss Noelle Delaquis mit einer «beklemmenden Delfingrabstätte» ausgerüstet ist.

Verkaufen und ein guter Gastgeber sein, wird nicht geprüft. In Sachen zeitgemässem Verkauf war der Präsident der Gastro-Frauenfeld das Muster an Verschlafenheit. Sikander nahm am 21. März - also genau zum Frühlingsbeginn - an jener Gesprächsrunde teil. Was wünschte die Gastro Frauenfeld zu jenem Zeitpunkt auf dem Internet: Alles Gute und viel Glück im neuen Jahr...

Ganz soo wichtig wie die Gastro-Exponenten tun, ist ihnen auch die Ausbildung doch nicht. Anfang April 2002 ist als nächstmöglicher Ausbildungstermin ein Kurs vom Oktober 2001 ausgeschrieben. Das kann doch nicht sein und ist wirklich nicht so. Wer unbedingt im Thurgau einen Ausweis braucht, ab 8. Juli 2002 findet ein von Gastro St. Gallen ausgeschriebener Kurs statt. Kursort Hotel Waaghaus, Gottlieben. Rein zufällig der Betrieb von Anita Bischler, der Delegierten für das Kurswesen der Gastro-Thurgau. Rechtschreibung ist keine Voraussetzung für den Fähigkeitsausweis. In Gottlieben kann Gast einen «Vewöhntag geniesen», Lammentrécôte und Tiramis Su bestellen.

Mit seltsamen Argumenten kämpften die gewerblich denkenden Verbandsherren für die Beibehaltung. Zum Beispiel wurde hervorgehoben, wie in einem Restaurant jeweils täglich ein anderer Salat zum z'Mittag serviert wird. Solche Dienstleistungen könnten bei Wegfall des Fähigkeitsausweises verloren gehen. Falls unter unseren Lesenden jemand ein Prüfungsprogramm für den Thurgauischen Ausweis zur Hand hat, eine kleine Bitte. Könnte ich eine Kopie des Prüfungsfachs sieben Tag Salatvariation haben?

Kopieren noch und nöcher

Vielleicht besitzt die GastroProfessional eine Kopie der Prüfungsfragen. Die GastroProfessional ist eine Tochter des Wirteverbandes. Auf ihrer Website verkauft sie gegen eine Abonnementsgebühr von einigen hundert Franken, Informationen. Zum Beispiel Vertragsvorlagen oder Stellenbeschreibungen. Vertragsvorlagen wie sie zum Beispiel gratis auf www.gastrofacts.ch zu finden sind. Stellenbeschreibungen wie sie in der Personaladministration der Restorama eingesetzt werden. Hä? Ja richtig, Stellenbeschreibungen der Restorama werden gegen Entgelt von der GastroProfessional angeboten. Zum Beispiel eine für die Funktion Küchenchef. Arbeitet in der Abteilung Küche. Vorgesetzter: Betriebsleiter. Hauptaufgaben: Organisation der Küche, Dienstplanung der Mitarbeiter, Führen der Küchenmitarbeiter etc. etc. Ein Formular eben so, wie es die Restorama in ihren Betrieben verwendet. Klickt man im Word-Dokument auf die Funktion Eigenschaften zeigt sich, dass dieses Formular nicht vom Wirteverband oder der GastroProfessional erstellt wurde. Dort steht beim Autor Restorama. Nach eigenem Bekunden hält sich die Wirte-Site für DAS Know-how-Shoppingcenter für Restaurateure und Hoteliers. Es handelt sich wohl eher um DAS Kopiercenter...

Der Oberboss und Förderer von GastroProfessional heisst Peter Staudenmann. Wird er die Verantwortung übernehmen und sich anständigst entschuldigen. Wird er noch kurz vor seinem Abgang nachforschen, was für Sitten in seinem Laden herrschen. Ein Tipp: Eine seiner Angestellten arbeitete früher bei Restorama...

Auch das Salz&Pfefferland hat Erfahrung mit solchen Mitarbeitern. Der frühere Chefredaktor unseres Cigar lieferte zum Beispiel Fotos direkt an die Konkurrenz nach Österreich. Diese publizierte sie unter einem Pseudonym. Aber sowenig wie das unprofessionelle Kopieren eines Worddokuments durch die GastroProfessional, schützte das Pseudonym davor, den Urheber festzustellen. Schlussendlich entschuldigte sich eine Dame aus Österreich mit Küss-die-Hand-Schmäh für ihre Mithilfe zu diesem Fehltritt. Wird Peter Staudenmann bei der Restorama eine Hand küssen?

Ab Ende Mai wird er hoffentlich Zeit dazu finden. Vorher ist er im Jus. 14 Tage vor der grossen Versammlung mit der Neuwahl des GastroPräsidenten müssen die Namen der Kandidaten bekannt gegeben werden. Zwar kann innert 14 Tagen kaum eine echte Durchleuchtung und Eignungsprüfung stattfinden. Es zeichnet sich ein Fortsetzung im Sinne eines Peter den Zweiten ab. Hinter den Kulissen wird diskutiert um den braven Delegierten schlussendlich einen neuen Alten unterzujubeln. Keiner wagts, sich schon vorher öffentlich zu profilieren damit auch wirklich eine Wahl stattfindet und nicht im DDR Stil schlussendlich ein Kandidat gewählt werden muss.

Bei der Gilde steht ebenso die Wahl eines neuen Chefs an. Innerhalb der Gildenmitglieder wird jedoch schon seit Monaten diskutiert, wer sich für diese Position eignen könnte. Weshalb fragt Peter der Erste nicht nach, wie eine Wahl professionell und demokratisch durchgezogen wird. Von dort kopieren wäre keine Schande.

Zahlungsmoral

Stefan Schramm, der Messemann aus dem Salz&Pfefferland, stammt aus der DDR. Er hat sich in den letzten 12 Jahren sehr gut in den real existierenden Kapitalismus eingelebt. Eines jedoch begreift er nicht. Wie kann einer in der Tip Top organisierten Schweiz einfach Rechnungen nicht bezahlen und nirgends angemeldet sein. Zum Beispiel sucht er zur Zeit einen Herrn Bachmann. Dieser buchte einen Stand an der Gourmesse und war auch wirklich dort. Aber eben, mit dem Zahlen haperts. Espinal Produkte R. Bachmann steht im Vertrag. Jetzt wo es darum geht, mit Hilfe des Betreibungsamtes vorzugehen, kommt das grosse Staunen. Eine Firma Ingris Espinal Bachmann wurde einige Monate vor Beginn der Messe im Handelsregister gelöscht. Also müsste zumindest noch der Herr Bachmann greifbar sein, schliesslich hat der ja unterschrieben. Die Einwohnerkontrolle teilt jedoch mit, dass der Herr nicht mehr angemeldet sei. An jenem Ort, den Espinal und Bachmann als Wohnort angeben, weiss die Gemeinde nichts von ihrem Glück. Ja, in solchen Fällen sehnt sich der Stefan nach einem kleinen Teil der DDR Ordentlichkeit.

Egal ob mit oder ohne Fähigkeitsausweis, solche Mätzli werden auch von Wirten und Promiköchen betrieben. Das Beispiel einer Firma mit Pseudo-Starkoch die vom Zürcher Seefeld bis ins Tessin verlegt und umbenannt wurde, dürfte manchen noch bekannt sein. Der Fähigkeitsausweis war in jenem Fall auch kein Garant für bezahlte Rechnungen.

Giuseppe Ravioli

So lautet das Pseudonym des neuen Schreiberlings im Gastro-Anzeiger. Endlich können im Gastro-Anzeiger Artikel mit einem Namen gezeichnet werden. Endlich müssen nicht nur Werbetexte übernommen werden. Der Redaktor des Anzeigers wunderte sich jedoch, weshalb ihm der Schreibstil seines neuen Mitarbeiters bekannt vorkam. Und plötzlich machte es klick. Da versucht einer krampfhaft, den Daniel E. zu imitieren! Giuseppe Ravioli ist ein Produkt der Edition Glausen LLC. In Salz&Technik 7/01 war bereits von der seltsamen Low Level Competence Briefkastenfirma zu lesen. Arme Briefkästen in unserer Branche. Es reicht nicht, dass die Gastro Media jedem Betrieb ein Blättli in den Schlitz stopfen lässt um den Adress-Stamm der Gastro-Media up to date zu halten. Damit das Blatt auch richtig zeigt welche Kompetenz drin steckt, nimmt es die Dienste der Edition Glausen Low Level Competence in Anspruch. Sucht man wo die Edition Glausen LLC genau in der Schweiz zu Hause sein soll, findet sich nichts. Kein Eintrag im Handelsregister und wie schon letztes Jahr, ist nur ein Lampenschirm-Atelier Glausen an der Adresse in Opfikon eingetragen. Wieder so ein Fall bei dem Stefan Schramm sich wundert, wie eine an sich inexistente Firma in der Schweiz tätig sein kann.