2002 Buffet 10

 

Sex im Zeichen des Apfels

Museum of modern Art, kurz MoMA, ist bei jedem New York Besuch Pflicht. MoSex dürfte in Tourismus-Führern bald so präsent sein wie MoMA. Daniel Gluck könnte seinen Namen auch mit ü schreiben. Mit dem Geld aus dem Verkauf seines Softwareunternehmens, eröffnete er Ende September 2002 das Museum of Sex in New York. Pfandfinderehrenwort, deshalb ist der zeichnende nicht extra Anfang Oktober rübergeflogen. In einem Land, in dem sogar ein Museum of Cheese Platz findet (in Erie Canal Village, eine Art Ballenberg auf amerikanisch), muss auch Sex für die Nachwelt erhalten bleiben. So lernt man nun, dass in der Stadt von ‘Sex and the City‘ das Kondom erst 1930 legalisiert wurde. Dass Big Apple einen grossen Einfluss auf die sexuelle Entwicklung Amerikas seit 1830 hatte.

"We don't accept government or taxpayer funds so we don't have to worry about protests" liess Gluck verlauten. Im prüden Amerika, in dem Museen die Fotos von Robert Mapplethorpe ausstellen möchten, von konservativen Politikern das Geld gestrichen wird, hat Daniel Gluck gleich von Beginn weg auf Unabhängigkeit gesetzt. Auch Porno-Geld ist nicht willkommen.

Inhaltlich liess die erste Ausstellung keine Freundenstürme aufkommen. „All talk, no action“ titelte ein New Yorker Ausgehblatt. Mit 17 US$ ist der Eintritt auch nicht gerade familienfreundlich, dem Mindestalter wegen können Mama und Papa ihren Nachwuchs jedoch ohnehin draussen lassen. Nicht nur ein Besuch im Museum bietet deren Programm, zusätzlich steht auch eine Führung durch New York zur Auswahl. Während eines Stadtspaziergangs werden Erwachsene über 18 Jahren in die Geschichte eingeführt.

Finanziell habe auch das Kinsey Institute mitgeholfen. Bei wem bitte kommt beim Betrachten von Abtreibungshilfen der 20-er Jahre Kinseys „Joy of Sex“ auf?

420 Stunden Spass pro Jahr

In der U-Bahn hängt ganz unabhängig von der Eröffnung des MoSex in einer Werbung für Carsharing die Feststellung, dass der Mensch 350 Stunden pro Jahr mit Sex und 420 Stunden pro Jahr mit Parkieren, genauer gesagt wohl eher mit der Suche nach einem Parkplatz, verbringe. Natürlich fragen sich nun alle, was denn so schön daran sei, das Auto in eine Parkluke zu zwängen. Bei Parties und speziell bei U-Bahn-Singles wird nun gegen Ende des Jahres die besorgte Frage an den Nachbarn erlaubt sein, ob eventuell das 350 Stunden Pensum dieses Jahres noch nicht erreicht sei.

Ist weniger mehr?

Wer zur Spezies der unter 350 Stündigen gehört, kaufe sich das trotz traurigem Umstand doch unterhaltsame, melancholisch bis komische Buch «Die Schnecke. Überwiegend neurotische Geschichten» von Wolfgang Schömel.

Kopulationsmässig hinter dem New Yorker Wert her hinkende Männer finden dort Geschichten von Leidensgenossen, denen das Leben ohne Geschlechtsverkehr sinnlos erscheint. Frauen finden heraus, wie geplagt das Leben eines erfolglosen Jägers sein kann. Beschreibungen von Singles die zu Stadtneurotikern wurden. Eigentlich fast schon Woody Allans aus der Sicht eines Deutschen Autors.

Das Buch könnte auch Hinweis darauf, dass das Leben ohne 350 Stunden Sex im Jahr doch nicht ganz so sinnlos sein kann. Denn für jedes Beispiel im Buch müsste - damit der New Yorker Schnitt wieder zustande kommt - eine Person mit mehr als dieser Stundenzahl vorhanden sein. Während einiger Zeit beneiden wir diese Personen, aber irgendwann wird stundenlanges tägliches Sekt und Kaviar-Geniessen langweilig. Unter solchen Umständen wären auch die alten Römer vom satis non sat abgekommen.

Das Buch kostet soviele Euros wie ein Eintritt im MoSex in Dollars und bietet über 200 Seiten Inhalt. Reiselektüre für eine Atlantiküberquerung.

Wie lange passt KL in Slimane?

Im Herbst, kurz vor den Metzgeten und allem was sonst noch bis zu den Weihnachtsdiners ansteht, erzählt Karl Lagerfeld den Modeheften von seiner Diät. 42 Kilogramm verlor der Mann. Weggefächert hat er sie nicht, sondern im Verlaufe eines Jahres mit drei Liter Wasser pro Tag weggespült. Ein Grund für das Abnehmen sei, dass er so in Hedi Slimane Kreationen passe. Klar kann einer der Slimane heisst nicht Mode für Übergrössen produzieren.
In allen Beschreibungen, egal ob nun in Vogue, Bunte oder Marie-Claire, steht nirgends, wie viel Bewegung mit zu dieser Schwindsucht beitrug. Ob des Modemachers Wert über oder unter 350 Stunden pro Jahr liege. Gedünsteter Fisch und Gemüse und drei Liter Wasser pro Tag sei das Geheimnis seines Erfolgs. Das ganze begleitet vom Pariser Promi-Arzt Jean-Claude Houdret. Ein Buch dazu wurde bereits produziert: «Die 3 D Diät» (Designer-Doctor-Diet). Hand auf den Bauch, wollen wir jetzt, jetzt wo alle schönen Diners angesagt sind, wo Braten, Truthahn und alle Wienachtsguezli auf uns warten, dieses Buch kaufen? Will der uns die Lust auf einen verfressenen Herbst und Winter vertreiben, oder plant er nächstes Jahr seine Mode nur in Grösse 32 zu produzieren?

Promi-JoJo

Joschka Fischer publizierte vor vier Jahren das Buch «Mein langer Lauf zu mir selbst». Mit Laufen verlor er über 30 kg und fand zurück zur Student-mit-Turnschuh-Figur. Einige der Kilos sind inzwischen zurückgekehrt, haben sich trotz Bodyguards an ihm festgekrallt. Abnehmen ist auch bei Promis ein JoJo-Spiel. Entweder braucht der Joschka wieder einmal einen ordentlichen Liebeskummer oder mehr Zeit zum Marathon. Sonst wäre ein weiteres Buch angesagt: «Der Weg zurück». So was hat noch keiner geschrieben. Ein lustvolles Buch darüber, wie verlorene Pfunde wieder draufgefuttert wurden. Wie lange hält die 3 D Diät?

Bschiss im Multipack

Fünf Jahre hat die FTC (Federal Trade Commission) unter dem Stichwort «Operation Waistline» Verbraucher vor der Scharlatanerie mit Schlankheitspillen und anderem gewarnt. Zusätzlich wurde während der letzten 2 ½ Jahre durch eine 12-köpfige Arbeitsgruppe im Detail geforscht. Herausgekommen ist vor kurzem ein 60-Seitiger Bericht. Ergebnis: Die Abnahme-Versprechungen treffen fast ausschliesslich auf das Portemonnaie, aber kaum auf die Person zu. Eigentlich wissen wir das ja schon lange, und nun auch noch unter Zuhilfenahme von US-Steuermillionen bestätigt.

Liebe Leser, freut Euch auf festliche Essen mit Freunden, Bekannten, Verwandten und Lieben. Der nächste Frühling kommt so sicher wie die Brigitte-Diät. Und falls diese nicht wirkt, halten Sie sich an folgenden Werbespruch: «There is nothing wrong with your body, it's the clothes that need to change.»