2001 Tabasco 8

 

Interessiert die Meinung von Peter Staudenmann?

Am 11. Oktober 2001 meldete sich Peter Staudenmann im GastroJournal zu Wort. Wer glaubt, er äussere sich zum Thema Nachfolge des Zentralpräsidenten, irrt. Peter Staudenmann lässt sich doch nicht vom Pöbel zu einem Entscheid drängen. Ganz staatsmännisch nahm der Zentralpräsident einen Monat nach dem 11. September zum Thema New York Anschläge und deren Folgen Stellung. Ein Thema, das in anderen Zeitungen und Zeitschriften wie auch den elektronischen Medien bereits in epischer Länge, Breite und Höhe behandelt worden war. Da war kaum was Neues zu erwarten. Aber wenigstens war wieder einmal ein Föteli von ihm in der Zeitung und lenkte davon ab, dass er ganz anderes mitteilen sollte. Das einzig Interessante mit dem er Aufmerksamkeit erheischen könnte ist doch, was er in Sachen Nachfolge im Schilde führt. Sitzt er auf seinem zentralpräsidialen Stuhl und brütet auf dem Ei, das den Nachfolger enthält? Über 10 Jahre sitzt er schon auf dem Stuhl, hoffen wir, es sei kein faules Ei, das er da gelegt hat oder noch legen will.

Ein im September von Basel aus an verschiedene Delegierte versandter Statutenentwurf enthält unter Art. 61a, Absatz 4, einen interessanten Ansatz zur Entschädigung des Vorstand-Präsidiums. Es soll nicht mehr ein Vorstandsentscheid über die Honorierung des Präsidiums entscheiden, sondern es soll Transparenz herrschen. So wie jeder Bürger weiss, wie viel unser Bundespräsident verdient, soll jedes Gastrosuisse-Mitglied wissen, wieviel von seinem Beitrag an den Zentralpräsidenten fliesst.

Da der Zentralvorstand nur noch aus aktiven Wirten und Hoteliers bestehen soll (wo bleiben die Gastronomen, meiden die diesen Verband?), sollen der Präsident und Vizepräsident, der zugleich Quästor wäre, ein in den Statuten festgelegtes Honorar beziehen. Keine Zetteliwirschaft mehr. Das Honorar soll ihnen ermöglichen, in ihrem Betrieb einen zusätzlichen, hochqualifizierten Kadermann einstellen zu können. Hiefür soll der Präsident 200'000, der Vizepräsident 180'000 Franken erhalten. Also wird der Vizepräsident einen weniger qualifizierten Kadermann einstellen. Eine Kaderfrau wäre gemäss diesem Statutenentwurf nicht vorgesehen.

Unklar ist nach diesen Formulierungen, ob damit nicht der Beitritt eines Kadermitglieds eines Unternehmens verhindert wird. Eine unternehmerisch denkende Fachfrau, ein unternehmerisch denkender Fachmann, der oder die vielleicht später einen eigenen Betrieb plant, aber vielleicht heute schon im Vorstand nützliche Dienste leisten könnte.

Der Statuten-Vorschlag passt jedoch genau auf die Bedürfnisse von Ernst Bachmann. Egal ob nun 180 oder 200 Tausend Franken. Für das Bahnhofrestaurant liesse sich bestimmt schon für 60 Tausend Franken ein tüchtiger Mann finden. Oder eine Frau, das wäre dem Wirt in Wollishofen zu gönnen. Eine hochqualifizierte Person, die in Sachen Präsenzzeit-Kontrolle, AHV-Abrechnung und Mehrwertsteuer Bescheid weiss. Mit der verbleibenden Differenz könnte Bachmann Steuern bezahlen. Der Blick hätte eine Schlagzeile weniger, die Gastrobranche würde nicht wegen eines Kantonal-Präsidenten an den Pranger gestellt. Natürlich müsste auch bei Ernst Bachmann geprüft werden, ob er der Forderung nach einem "unverbrauchten, dynamischen und erfolgsorientierten Zentralpräsidenten" entspricht.

Kein Problem mit Mindestlohn

Bei diesen Aussichten hätte Bachmann Ernst bestimmt kein Problem mit gewerkschaftlichem Tun. Mindestlohn einhalten, L-GAV Revisoren zufriedenstellen, all die lästigen Vorschriften, die den Unternehmer nur Zeit kosten. Aber warum unterstützen die Wirte nur diejenigen, die genau dieses Denken, das sie ins Pfefferland wünschen, unters Volk bringen? Dabei wollen wir im Pfefferland gar nichts von diesem Denken, also wünscht es zum Teufel.

Die Zeitung Expresso, Hoforgan der Hotel & Gastro Union, kann ganz im Sinne der Gewerkschaft über die Vorzüge der Arbeitszeitkontrolle durch die L-GAV schreiben. Was machen die gewerblichen Wirte: Sie fördern dies, indem sie dort ganz fleissig Personalinserate schalten, auf das im Expresso weiterhin dem L-GAV Kontrolleur eine Plattform geboten werden kann.

Geschäftsführer Fredy Kunz kann eine Woche nach dem 11. September im Expresso für Nacht- und Sonntagszuschläge plädieren. Die Wirte und Hoteliers stöhnen schon im voraus ob dieser zusätzlichen Lohnlast. Wo soll der von über 10 % gesunkener Auslastung geplagte Hotelier in seinem Lohnbudget einen Sonntagszuschlag finden. Kann er den Frühstückskaffe am Sonntag für einen Franken mehr verkaufen? Kann er abends um zehn einen Getränkezuschlag verlangen, weil die Gewerkschaft ab irgendwann des Abends 25 Prozent mehr Lohn wünscht?

Was machen die gewerblichen Hoteliers: Sie fördern Fredy Kunz und seinen Einsatz für einen Nacht- und Sonntagszuschlag, indem sie ganz fleissig Personalinserate schalten. Auf das im Expresso weiterhin eifrig die Gedanken der Gewerkschaft an die Lesenden gebracht werden.

Inseriert ein moderner Unternehmer in einer Gewerkschaftspostille, die in der Rubrik Marktplatz Zimmermädchen im Angebot führt?

Fotografiert den Arbeitsplatz

Die Stelleninserate habe sich trotz Internetzeitalter kaum weiterentwickelt. Die Zeitungsmacher sorgen sich um ihre CashCow und versuchen deshalb, diesen Markt auch im Internet in ihren Händen zu behalten. So kommen denn die elektronischen Stellenausschreibungen daher, als handle es sich beim Bildschirm um eine Drucksache. Beim Hotel Zauberberg wurde eine modernere Art der Stellensuche gewählt. Auf der eigenen Internetsite war unter der Rubrik offene Stellen an der Réception eine Vakanz zu besetzen. Mit in deren Internet-Inserat war ein Foto des zukünftigen Arbeitsplatzes. Die Stelle ist besetzt.

Auf der Stellensite des Salz&Pfefferlandes sind auch kaum Föteli zu sehen. Monsieur Tabasco muss mal im eigenen Hause ein Schimpfi-Mail senden.

Quietschende Hüftgelenke?

Im letzten Salz&Technik war in einem Leserbrief das Problem einer Frau im Rollstuhl abgedruckt. Die GastroSuisse müsste eigentlich Vorschläge erarbeitet haben. Vorschläge, wie deren Mitglieder mit den zu erwartenden Folgen der Gleichberechtigung in Sachen Behinderten umgehen sollten. Nach dem Leserbrief telefoniert der Salz&Pfeffer Journalist Andrin Willi in die GastroSuisse Zentrale. Er wurde mit der Abteilung Weiterbildung verbunden, er wurde weiter verbunden, er hätte wohl auch mit dem Zentralpräsidenten verbunden werden können, da wusste niemand Bescheid. Eigentlich klar. In der GastroSuisse sitzen keine übergewichtigen Funktionäre, die sich im Hinblick auf eine Hüftoperation bereits einmal Gedanken über Behinderungen machen mussten.

Die Funktionäre der GastroSuisse kennen auch nicht Paco Underhills 'Why we buy'. Sonst hätten sie gelesen, dass mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft die Gehhilfen in Form von Elektrowägeli nicht nur für Behinderte ein Fortbewegungsmittel sein könnten. Wenn in 25 Jahren zum Teil der Bequemlichkeit halber bis zu 20 % der Bevölkerung mit rollstuhlähnlichen Fahrzeugen unterwegs sein werden, täten die Gastgeber gut daran, diesen Kunden eine passende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Das wäre eine vom Markt diktierte Anpassung.

Bereits vorher jedoch wird mit einer gesetzlich diktierten Anpassung zu rechnen sein. Die neue Bundesverfassung beauftragt den Gesetzgeber, für eine Gleichberechtigung der Behinderten zu sorgen. Gleichberechtigung könnte heissen, überall dorthin gehen zu können, wo Nicht-Behinderte ganz normal hingehen. Treppenlifte, spezielle WCs, Schwellen, Türbreiten, Tanzflächen sind Themen, die dem Unternehmer ins Haus flattern werden. Wie wird die Polit-Lobby der GastroSuisse bei der Beratung Einfluss nehmen? Mit quietschendem Hüftgelenk bremsen und möglichst lange Übergangsfristen herausschinden? Bremsen und verhindern, so wie es bereits beim Thema Wirtschaftsfreiheit geübt wurde. Heimatschutzartikel in Form von Fähigkeitsausweisen und Bedürfnisklauseln sind nicht im Sinne der Wirtschaftsfreiheit. Damit kein Sturm der gastronomischen Wirtschafts-Freiheit gesamtschweizerisch die verschlafenen Wirte wegbläst, wurde eine zehnjährige Übergangsbestimmung geschaffen. Kantönli für Kantönli befassen sich mit der Auflösung der Wettbewerbshindernisse. Welcher Kanton wird in 10 Jahren ähnlich der Appenzeller beim Thema Frauenstimmrecht hinterherhinken?

Das Geheimnis von Singapur

In der letzten Nummer war das grosse Geheimnis von Frau Fries aus Nottwil ein Thema. Auch Raffles, ein internationaler Hotelkonzern, betreibt ein Corporate Unkommunikationscenter. Andy Meyer, der Mann dafür besorgt ist das Jahrbuch Portrait&Konzepte mit allen wichtigen Informationen zur Branche zu füllen, wollte die letzten Daten über diese Hotelgruppe anpassen. Die Übernahme der Swissôtel durch Raffles hat bestimmt auch Änderungen bei dieser Firma nach sich gezogen. Die Swissôtel will jedoch keine Auskunft erteilen. Sie glaubt, ihre Daten hätten in unserem Jahrbuch nichts verloren. Schaut interessiert forschender Journalist im Handelsregister nach, finden sich im steuergünstigen Hergiswil wie auch im Flughafen-nahen Glattbrugg Firmen mit der Bezeichnung Swissôtel. Die Gruppe existiert also wirklich. Was soll denn so geheim daran sein, als dass wir sie nicht in unserem Verzeichnis auflisten sollen? Peinlich ist der neuen Swissôtel Mutter vielleicht, dass der Name Raffles in der Schweiz bereits von anderen belegt ist. Eine Raffles AG gemäss Handelsregister zur Zeit in Liquidation, und eine Raffles Restaurant GmbH führt in Zürich beim Letzigraben einen Betrieb. Wie soll da die Raffles im Handelsregister Einzug finden?

Zwei mal im gleichen Heft inserieren!

Das Editorial soll die Lesenden einer Zeitschrift oder Zeitung begrüssen, das persönliche Grüezi vom Verlag sein. Einige Heftlis sind zu mehrfach-Grüezi übergegangen. Zum Beispiel das F&B Food&Beverage mit der Nummer 3/01, nach eigenem Bekunden das Qualitätsfachmagazin aus dem Verlag der Wirtegewerkschaft. Vorne ein Editorial von Jörg Ruppelt, Produzent @ gastronews, der hier wohl für F&B schreibt, auf Seite 69 - die jedoch mit Seite 3 numeriert ist - ein Editorial von Adrian Meier, Redaktor @ gastronews. Dieser schreibt für das ins gleiche Heft integrierte Swiss Gastro Kombi.
Nicht nur ein doppeltes Grüezi findet sich in jenem Heft, auch die Inserenten sind doppelt vertreten. Die IGEHO hat sowohl beim Swiss Gastro Kombi als auch beim F&B ein Inserat geschaltet. Wusste die Messe Basel, dass sie damit im gleichen Heft gleich zwei mal inseriert? Zumindest ist beim F&B von der Gliederung her klar, dass hier zwei Hefte zu einem zusammengepappt wurden und ab Seite 67 eine neue Ära beginnt.

Wieviel Editorials braucht der Mensch?

Weniger klar sieht es beim Berner Heftli aus. Auch Gourmet huldigt dem Mehrfach-Handshake mit inflationären Editorialtendenzen. Vorne drin natürlich das Editorial des fleissigsten aller Gourmet-Schreiber, Zeilenfräser und Seitenfüller René Frech himself. Danach einige Seiten Schreibe, Inserate und den entsprechenden Inserenten huldigende Beiträge.

Nach ca. 25 Seiten ein Editorial vom Gildenobmann Martin Bühler. Fängt hier ein neues Heft an? Glaubt man der Seitennummerierung, ja. Etwas später jedoch ist die Nummerierung wieder mit einem Sprung im Gourmet-Artikel-Trott. Inserate und Inserenten huldigende Beiträge.

Weiterblättern um dann von Claus Hörr, Geschäftsführer der Rational Schweiz AG gleich wieder mit einem Editorial begrüsst zu werden. Fängt hier ein neues Heft an? Weiterblättern und von Ulrich Röthlin der FCSI mit einem Editorial begrüsst zu werden. Fängt hier ein neues Heft an? Etwas weitersuchen und es folgt ein Editorial vom SVGG. Fängt ..... Bei wem bin ich hier als Leser zu Hause. Bei den im Inhaltsverzeichnis als Gäste bezeichneten Seitenfüllern mit Dauergastcharakter? Ist Verbandszeitschriftentum in dieser Form zeitgemäss? Den Gildenobmann in einer Zeitschrift zig-tausendfach abgebildet zu sehen, damit seine paar hundert Mitglieder irgendwo zwischen 100 anderen Seiten ihre Verbandsnachrichten suchen müssen. Ist die Gilde happy, wenn der FCSI sich mit Karikaturen von dicken schwitzenden Köchen in der gleichen Zeitschrift unter ihrem eigenen Editorial präsentiert?

Handelt es sich bei dieser Form der Kommunikation um eine zeitgemässe Art der Verbandsmitteilung oder Selbstbeweihräucherung der Verantwortlichen auf den Fotos? Warum nur findet sich die Gilde, die an der gleichen Adresse wie die GastroSuisse zu Hause ist, im Gourmet und nicht im GastroJournal? Konkurrenz zum Föteli von Peter Staudenmann verboten oder ist der Gilde die Wirtezeitung zu wenig gut?

War einer der vielen Editorialisten oder El Nino dafür verantwortlich, dass im Oktober ein Kadi-Inserat mit einem Sommerspezialpreis auf der Umschlagseite prangte?

Inflation als Rettung?

Inflationäre Tendenzen bei Editorials als Rettungsanker für die viel zu vielen Gastroheftlis? Ein gefährliches Spiel, Inflation hat mit laufender Entwertung zu tun.

Zum Abschluss dieses Jahres wünsche ich den Lesenden ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2002. Ganz ohne Inflation, sondern auf gesundem Wirtschaftswachstum aufbauend, mit positiv denken Konsumenten. Für den Abschluss 2001 wüsche ich wenn möglich nicht mehr als ein blaues Auge.