2001 Salz&Technik Tabasco 4

Kollektiver Ungehorsam als Notlösung?

Im Salz&Pfeffer Nr. 3/2001 noch vermutet, einige Zürcher Beamten hätten die Brochure "Für mehr Lebensqualität in Zürich: Die Boulevardcafés" falsch verstanden und eine Neuauflage der Marroni-Hüüsli-Geschichte geplant und nun brutalst von der Realität eingeholt worden: Ich habe mich geirrt. Es kommt noch viel schlimmer. Es sind nicht irgendwelche Beamten, es sind zwei Stadträtinnen die dies ernsthaft vorantreiben! Schliesslich stehen Marroni-Hüüsli ja nur im Winter herum, also könnte man mit Garten-Terrassen eine weiteres Denkmal zur Belustigung setzen. Ein Denkmal für K.M. und E.M., unsere Flora und Chloris, die Göttinnen der Blumen. Die wissen, wie ein schön begrüntes Plätzli auf gemietetem Stadtgrund zu sein hat. Keine Sonnenschirme über 2 Meter Durchmesser, keine Dschungel, keine Büsche und Palmen und schon gar nichts mehr über 80cm Höhe.

Wer bisher in dichtem Grün lauschige Plätzchen und viele zufriedene Gäste hatte, kann aufgrund der neuen Vorgaben sein Betriebs-Budget schnell machen: Muster von menschenleergefegten Terrassen sind in der Brochure abgebildet. Finanzstadtrat Küng wird seinen Kolleginnen nächsten Jahr sicher die Leviten lesen. Unattraktive Terrassen = weniger Umsatz = weniger Gewinn = weniger Steuerfranken, vielleicht lohnt es sich gar, den Boden nicht mehr zu mieten = weniger Mieteinnahmen?

Enttäuscht stellen die Damen fest, dass letzten Herbst mehr als die Hälfte aller Betriebe unbefriedigende Erscheinungsbilder gehabt hätten. Bravo! Kollektives Verweigern um den Betontrögen mit Geranium die Stirn zu bieten. Ernst Bachmann, Präsident über 2288 GastroSuisse Mitglieder im Kanton Zürich (seine Homepage übertreibt ein bisschen, er glaubt es seien über 2300), Herr über die Mitglieder in Zürich City, ist sicher bereits bei den Sauberdamen vorstellig geworden. Mit einem griffigen Votum im Interesse seiner Mitglieder den beiden die Stirn geboten. Fragen Sie ihn nach der Kopie eines solchen Schreibens um sich damit gegen eine allfällige staatliche verordnete Verhässlichung ihrer Terrasse zu wehren.

Liebe Göttinnen des Grüns, lest Zeitung. Welche Terrassen wurden von der Presse gelobt? Zum Beispiel diejenige vor dem Kunsthaus Zürich. Stadtrat Wagner als Vermietervertreter liess die Palmen, Zitronenbäume und Oleander Meterhoch spriessen. Leider leider glauben sich die Stadträtinnen kompetent, ein Bild über ästhetische Wirkungen machen zu können. Wenn Lebensqualität in deren Sinne weniger Steuereinnahmen und bünzlige Eintöpfe bewirkt, dann bleibt nur eine Hoffnung: Das Jahr 2002. Wählt Grün!

Unterhaltung via Geschäftsbericht

Der Geschäftsbericht der GastroSuisse hat bei genauem Durchlesen einiges an Unterhaltungswert.

Das Gastgewerbe bleibt eine trendige Sache steht dort. Das stimmt. Und warum ist das Gastgewerbe eine trendige Sache? Nicht wegen den Funktionären der GastroSuisse. Die schreiben zwar, dass sie nichts unterlassen, um die Gastgeber zu unterstützen. Chrüüzfalsch, das stimmt doch alles gaar nööd. Ginge es nach deren Köpfen, wäre weder Zürich noch die anderen liberalisierten Kantone so trendig wie sie es nun sind. Wer hat mit hunderttausenden von Mitglieder-Franken den Trend bekämpft? Da leiden einige wohl an Vergesslichkeit. Heute so tun, also wäre die trendige Sache das normalste der Welt und vorher das Geld der Mitglieder zum Neinsagen verschleudert... Wie trendig sind sie denn, die beiden Herren Staudenmann und Hew die solches im Vorwort unterschreiben? Würden die sich an einem trendigen Ort unauffällig unter die Besucher mischen können? Wohl kaum, wie ausserirdische stünden sie im Trendschuppen und die Besucher würden wohl erschreckt nach Agent Scully und Moulder rufen.

Die Anfragen an die Rechtsdienste hätten markant zugenommen. Es wirke sich offenbar negativ aus, dass als Folge der Deregulierung keine obligatorische Ausbildung der Betriebsverantwortlichen verlangt werde. GastroZürichs Präsident Ernst Bachmann hätte gut daran getan, sich dort in Sachen Arbeitszeitkontrolle kundig zu machen. Er hätte sich einige Blickzeilen über seine Mängel im Umgang mit den Mitarbeitern erspart. Aber nein, er gehört noch zur Generation mit einer obligatorischen Ausbildung als Betriebsverantwortlicher. Er muss sicher nicht nachfragen, was denn in Sachen Arbeitszeitkontrolle oder Überweisung von AHV-Beiträgen gilt. Der obligatorisch ausgebildete Präsident erweist so der Branche einen Bärendienst. Sein Umgang mit seinen Angestellten hilft wohl nicht gerade bei der Beilegung der Personalknappheit... Was für ein Vorstand! Im Geschäftsbericht wird über die Engpässe in Sachen Personal lamentiert und der Präsident der zweitgrössten Sektion hat ein Gnusch in Sachen Arbeitsrecht. Wie heisst es doch im Geschäftsbericht: Es wirke sich offenbar negativ aus, dass als Folge der Deregulierung keine obligatorische Ausbildung der Betriebsverantwortlichen verlangt werde. Was für eine Ausbildung hat denn der Präsident himself genossen? Auf der Homepage der GastroSuisse war eine Frühlingsaktion zum Thema Arbeitszeitkontrolle. Es wurden Gratis-Kontrollformulare angeboten. War das nun vor oder nach dem Blick Artikel? Auch das Betreibungsregister des Präsidenten lässt vermuten, dass er entweder den Rechtsdienst bemühen wird oder als betriebsverantwortlicher eine genügende Ausbildung in Sachen Umgang mit Zahlungsbefehlen hat. Mal sei er mit der AHV in Verzug, mal mit den Steuern. Sein SVP Parteikollege Heer ist Präsident im Bund der Steuerzahler. Was wird der ihm nur flüstern? Hat die Stadt nun ein Klumpenrisiko mit Ernst Bachmann als Steuerzahler und gleichzeitigem Mieter der Badi Mythenquai? Vor 4 Jahren fand die LdU, die Vergabe der Badi-Restauration durch den damaligen Stadtrat Nigg an unseren Bachmann sei ein Beispiel von Vetterliwirtschaft. Nigg war damals der Ansicht, nur Ernst Bachmann könne die Umsätze heben. Wo sind denn diese Umsätze nur hingeflossen?

Die Gastrosuisse habe das Berichtsjahr dazu genutzt, das Dienstleistungspaket an die Mitgliedschaft weiter auszubauen. Neu erhielten die Mitglieder erstmals einen Mitgliederausweis. eHHey, das isch dänn Bravo. Die Hunderttausenden von Franken die in die Führungsriege investiert wurden haben sich gelohnt: Allen Mitgliedern wurde ein Ausweis zugestellt. Endlich, ein markanter Unterschied zum lokalen Bäbisammelverein. Ein sooo wichtiger Schritt im Leben der GastroSuisse, er musste im Geschäftsbericht nicht nur im Lead zu einem Artikel erwähnt werden, sondern auch noch als fettgedruckten Zwischentitel. Mit was beschäftigen sich die Herrschaften nur den lieben langen Tag wenn diese bahnbrechende Neuerung schlussendlich insgesamt rund ein halbes Dutzend Mal im Geschäftsbericht erwähnt werden muss?

Lobhudelei dann auf Seite 14 zum Thema neues GastroJournal mit einem das Budget überschiessenden Umsatz. Bei den Zahlen auf Seite 28 dann kleinlaut die Mitteilung, dass das gewünschte Ergebnis nicht erreicht wurde. Ein Verband der Kraft Tausenden von Mitgliedern ein festes Absatzgebiet für seine Postille hat bringt es nicht fertig, diese ohne negative Nebengeräusche an den Leser zu bringen. Funktionäre mit Salären die das Jahresergebnis manch eines fleissig Beiträge zahlenden Wirtes übersteigen, haben sowohl beim Personalaufwand wie auch beim Investitionsbudget danebengehauen. Ouh, aber wir wollen jetzt nicht besserwissern. Allzulaut darf das Salz&Pfefferland dieses Jahr nicht über die Resultate des GastroJournals schimpfen. Nach einem positiven Abschluss in 1999 mussten wir nämlich letztes Jahr nämlich auch rote Zahlen schreiben. Dies jedoch in einem kapitalistischen Umfeld und nicht mit der netten Voraussetzung, fast zwangsläufig 20'000 Mitglieder Obulusabliefernde Mitglieder zu haben. Wenn Roger 24 mit seinen Gebührensplitting bei der SRG durchkommt, dann ...

Wegen des grossen Innovationsgehalts werde die neu aufgebaute GastroProfessional Site vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unterstützt. Unser Arbeitgeberverband lässt sich von Bern subventionieren! Und was ist denn so innovativ daran? Die Inhalte auf dieser WebSite unterscheiden sich wenig von den Inhalten die auch in Zeitungen und anderen WebSites zu finden sind. Wo liegt die Innovation, einem Surfer gegen Entgelt Statistik-Daten, Rezepte, Verträge etc. zu präsentieren? Daten die von der KOF der ETH, der Katag und anderen auch erhoben werden. Verträge die in jedem modernen Lohnprogramm mitgeliefert werden. So werden also Steuerzahler indirekt auch GastroSuisse-Zahler. Es sind halt doch eher Funktionäre die da funktionieren und via Staatsgelder das Verbands-Budget aufpolieren. Da können sie lange mit Internet wichtig tun. Vielleicht läuft das WorldWideWaiting bei denen unter dem Stichwort Trend.

"Der Gastroconsult Kunde soll bei der Lösung seiner Probleme von einem aktiven Berater, Treuhänder, Wirtschaftsprüfer und Schätzungsexperten unterstützt werden". Ein aus Sicht der Unabhängigkeit nicht ganz sauberer Vorschlag. In den USA wurde festgestellt, dass die Kosten für die Revision der Geschäftsbücher zum Teil weniger als die Hälfte der Rechnung der Revisionsstellen ausmachen, der Rest der Rechnungssumme sind Beratungsmandate. Wie unabhängig kann denn eine Revision stattfinden, wenn sie gleichzeitig die Beratung aus dem gleichen Konzern bewerten sollte? Und wie mancher Kunde traut sich nicht diesem Ratschlag zu widersprechen, weil er doch Ende Jahr einen wohlwollenden Revisionsbericht für die Bank benötigt...

Auf Seite 28 dann die Details zur Erfolgsrechnung. Die Information dazu, wie aus 34.6 Mio Umsatz schlussendlich wieder ein Verlust 683 Tausend (Vorjahr 490 Tausend) entstanden ist.

Was soll man von einer Firma halten, die einerseits ihre aktiven Berater, Treuhänder und Wirtschaftsprüfer lobt um einige Seiten weiter eine Erfolgsrechnung zu präsentieren, die nicht einmal eine elementarste Aufteilung in Warenaufwand, Personalaufwand, Betriebsaufwand fertigbringt. Was würde mein Steuerkommissär wohl sagen, wenn ich ihm als Erfolgsrechnung lediglich den Total Umsatz und den Total Aufwand und den daraus resultierenden Verlust einreichen würde. Ich glaube der würde sagen, dass habe nicht mit einer ordentlichen Rechnungslegung zu tun.

Aus den wenigen Zahlen und Erläuterungen ist z.B. ersichtlich, dass 4,5 Mio Franken Mitgliederbeiträgen 6,2 Mio Auslagen für Dienste, Verbandsbehörden und Verwaltung gegenüberstehen. Das sind die einzigen 2 Zahlen um ein Minus von 1.7 Mio in einem Geschäftsbereich zu erklären. In den Erläuterungen zu diesen beiden Zahlen ist u.a. zu lesen, dass Mehrkosten vor allem durch die DV Versammlung vom 24. Januar angefallen seien. Was muss das für ein Fest gewesen sein! Gala-Diner und nachher Einladungen in den 7. Himmel? Was kann man an einer DV alles anstellen damit diese im zig-seitigen Geschäftsbericht als Mitverantwortlich für Mehrkosten aufgeführt werden muss. Ich will sofort auch an eine DV!

Sodann wird dem Fussvolk wird mitgeteilt, dass eine Liegenschaft an der Seestrasse in Zürich verkauft wurde. Normalerweise weisen Erfolgsrechnungen danach einen Ertrag aus Anlagenverkauf aus. Aber eben, nur normalerweise. Vielleicht wurde summarisch verrechnet, denn bei der Immobilie Blumenfeldstrasse wurde 1 Mio zusätzlich abgeschrieben ... Immobilien scheinen ein regelmässiges Problemthema zu sein: Vor ca. 10 Jahren verdiente sich der Sohn des früheren Zentralpräsidenten ein paar Milliönchen durch Verkauf einer Immobilie an die Pensionskasse, und nun so nebenbei mal 1 Million Zusatzabschreibung auf der Blumenfeldstrasse.

An der Delegiertenversammlung wird von allen alles genehmigt, niemand wird monieren, dass im Geschäftsbericht Betriebsrechnung und Jahresbilanz nicht nach allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen vollständig, klar und übersichtlich aufgestellt seien, damit die Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäftes erhalten. Und weil sie so brav sind kann eine DV auch mit etwas Mehrkosten verbunden sein. Der PolitEvent 2000 und GastroPodium wurden unter der Rubrik Gewerbeschutzfonds abgebucht... das tönt fast wie Heimatschutz. Behalten wir diesen Verband als Folklore bei, wer bietet denn sonst einen Geschäftsbericht der 8000 Anschläge auslöst.

Konzernjournalismus?

Die GastroSuisse publiziert nicht nur einen Geschäftsbericht, sondern eben auch ein GastroJournal

Im Hausblatt sollten alle wichtigen Neuigkeiten zu finden sein, zum Beispiel einen Direktionswechsel in Basel-Land. So ca. Anfang April waren aus der Nordostschweiz nicht so friedliche Töne zu hören. Und zagg, da ging ein Direktor Hans-Dieter Wacker. Was stand im GastroJournal der Folgewoche: Nix. Was stand im GastroJournal 14 Tage danach: Nix. Zumindest nix davon. Dafür wurde in einem Artikel über einen Basler Internet-Auftritt über einen Direktor Wacker geschrieben. Nicht als Ex-Direktor sondern so, als wäre nichts passiert. Erst Ende April darf die Gefolgschaft durch das Hausblatt über den Abgang informiert werden. Die InternetSite führt ihn am 16. Mai 2001, also über einen Monat nach dem Chlapf, trotzdem noch in Amt und Würde auf. Weshalb es zu Misstönen kam, darüber darf das Fussvolk weiterhin spekulieren. War es nur das Gerangel mit dem Verwalter-Ehepaar oder hat man sich von einem in Ungnade gefallenen getrennt? Von einem der sich im Ruhestand Gedanken über die Führungsriege machte? Sich überlegte, ob langjähriges Gehocke als Haupteigenschaft für einen Verbands-Spitzenplatz genügt?

Dem Tagi wird manchmal Konzernjournalismus vorgeworfen. John Wittwer's Interview mit den GastroSuisse-Zentralquästor (Zentralquästor, total trendige Bezeichnung, genau richtig für einen Kirchengesangsbund) über den Rechnungsabschluss könnte auch mit einem solchen Prädikat ausgezeichnet werden. Ein halbseitiges Interview in dem der letztes Jahr gewählte Tobias Zbinden blablate. Unkritisch Fragen als Vorbereitung und zur Einlullung der DV Mitglieder. Auf dass sie ja schön brav alles absegnen.

Mit den Bilanzen ist es ohnehin so eine Sache. Mit einem kurzen Absatz werden in allen Zeitungen jeweils die Statements der Firmen über ihre Bilanzzahlen abgedruckt. Im GastroJournal machen sie mehr daraus. Einen ca. 3000 Zeichen umfassenden Artikel. Zum Beispiel über die Bon-Apétit Group. Bei 3000 Zeichen dürfte allerdings etwas mehr erwartet werden. Dass der Betriebserfolg um 10.9 % auf 70 Millionen gestiegen ist und der Reingewinn sich auf 50 Millionen erhöhte, kann auch in einem kleinen Kästchen mitgeteilt werden. Aber die Frage, wo denn über 100 Millionen Gewinn aus dem Verkauf der Passagio versickert sind, die fehlt. 3000 Anschläge, Papier und Druckerschwärze verbraucht und sich nicht gefragt, weshalb nur 50 Millionen Gewinn ausgewiesen werden wo doch über 100 Millionen ausserordentlicher Erlös zugeflossen sind. Ist das ein Bückling vor dem nächsten Inserateauftrag?