2001 S+P 8

Pommes frites

Die Pommes frites wurden nicht etwa in Frankreich erfunden, sondern in Belgien. Im 17. Jahrhundert, als die Maas im Winter keine Fische für die beliebten frittierten Sprotten hergab, kam eine(r) auf die Idee, statt dessen Kartoffelstäbchen ins heisse Öl zu tauchen: Die Pommes waren geboren.

Die in der Schweiz domizilierte Firma Tege hielt sich für ähnlich erfinderisch. Während Jahren verfolgte sie die Idee, die Menschheit mit tausenden von Pommes-Automaten ins kulinarische Verderben zu führen. Zur Zeit scheint diese Idee wieder begraben zu sein.

Ein börsenkotierter Firmenmantel darf trotzdem nicht einfach liquidiert werden, egal wie wertlos dessen Kartoffelpulverstäbchen-Idee sei. Schon Werner K. Rey hat gezeigt, wie eine vor sich hinserbelnde börsenkotiere Gesellschaft reaktiviert werden kann.

Im Fall von Tege wurde aus einer vor 120 Jahren gegründeten Bahn zwischen Territet und Glion eine Immobilienfirma. Diese mutierte nach Ende des Immobilien-Booms Anfang der 90-er Jahre schlussendlich zur Pommes-Frites-Automaten-Geld-Vernichtungsmaschine.

Nach etlichen Jahren wurde nun endlich die ganze in der Bilanz akkumulierte heisse Entwicklungsluft in Form von 40 Millionen Verlusten abgeschrieben. Von einer ehemals 1-Franken-Aktie bleibt 1 Rappen Nominalwert übrig. Die Revisionsstelle Grant Thornton kann aufatmen. Sie muss nie mehr gewunden erklären, sie habe sich über die Werthaltigkeit der Entwicklung kein vollständiges Bild machen können.

Der Handyverkäufer Ruedi Baer verwandelt nun mit neuem Kapital den immergleichen alten Aktienmantel in eine Handyverkaufsfirma. Im Pressebericht nennt sich das " eine strategische Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit auf ein erfolgversprechendes Gebiet". mobilezone kommt so günstig an die Börse und allen ist gedient. Wir danken dem neuen Hauptaktionär, dass er uns vor diesem Automatenfood bewahrt hat.

Vor lauter Recht keine Zeit

Bill Clinton hatte sich darüber beschwert, dass er vor lauter Rechtshändeln keine Zeit mehr zum Regieren finde.

Im Salz&Pfeffer-Land haben wir zwar kein Oral-Office das uns vom Regieren abhalten könnte, aber unserer rauchigen Schwester Cigar wegen hätten wir wenigstens einen ordentlich gefüllten Humidor. Auch ohne Monica Besuch erhalten wir jedoch dann und wann Post, die sehr nach Rechtsstreit schmeckt....

Nach der Luzerner-Nummer fragt uns eine Dame an, ob das was wir da schreiben eigentlich legal sei. Wir finden, das Beschreiben eines Ess- und Trinkerlebnisses in einem Restaurant gibt das subjektive Erlebnis des- oder derjenigen, die dort gegessen haben, wieder. Wenn zwei Personen, deren Urteile das volle Vertrauen unserer Redaktion geniessen, etwas nicht so prächtig finden, dann schreiben wir das. Allerdings ist es jederfrau und jedermann erlaubt, bei uns eine Gegendarstellung zu verlangen. (Vielleicht ist dem aufmerksamen Leser aufgefallen, dass Willi Näf in der letzten Ausgabe am Ende des Toggenburg-Artikels gleich selbst eine solche verfasst hat :-).)

Wo gehobelt wird, da fliegen Späne. Deshalb haben seriöse Zeitschriften wie wir ein offenes Ohr für Berichtigungen.

Fristliches Entgegenkommen

Gegendarstellungen sind jedoch an Fristen gebunden. Nichtsdestotrotz haben wir beispielsweise bei einer Tessiner Beschwerde diese auch schon mal auf 400 Tage erweitert.

Einen lic.iur. Rechtskonsulenten, der uns mehr als 3 Monate nach Erscheinen eines Artikels ein 5-Seitiges Einschreiben schickt ... hätte ein Rechtsanwalt wohl darauf hingewiesen, dass er gleich beide von zwei möglichen Fristen verpasst hat. Die Tonalität des Briefes war ohnehin nicht grad vom Feinsten. Aus unserem Bruno Bötschi wurde ein Hr. Böni. Der Name Böni ist für mich der Inbegriff für tadellose Handschuhe, keinesfalls aber für Essen, Trinken und Geniessen. Auch nicht gerade fein war die Formulierung "... auf ein strafrechtliches Verfahren gegenüber Ihrer Zeitschrift zu verzichten, sofern Sie sich bereit erklären, den Betrag von CHF 8000.-- (achttausend), als Entschädigung und Genugtuung (...) einzuzahlen". Ein Strafrichter würde das wohl Nötigung nennen, selbst wenn damit ein Kinderhilfswerk beglückt werden soll. Deshalb steht auch keine Gegendarstellung in diesem Heft.

Uns geht es also ein ganz klein bisschen wie Bill Clinton: Solches Justizzeugs hält uns von der Arbeit ab.

Trotzdem Zeit für Gescheites gefunden

Bill Clinton fand trotz allem Zeit, sich für den "Delfinfreundlich"-Aufdruck auf Thunfischdosen einzusetzen. Seit April kann in unseren beiden Grossverteilern korrekt gefangener Thunfisch gekauft werden. Mit diesem Logo wird dem Käufer garantiert, dass keine Delfine, die die Thunfischschwärme begleiten und sie eben dadurch verraten, in den Netzen sterben. So weit so gut. Fragen Sie nächstes mal in Ihrem Restaurant, ob Ihr Thunfischsteak Delfin-freundlich gefangen wurde (oder ob der Lachs aus einer Zuchtfarm stamme). Zumeist heisst es dann, das müsse in der Küche nachgefragt werden. Bleibt zu hoffen, dass der Koch seine Produkte kennt... Wenn's ein Playback-Koch ist, müsste der seinen Convenience-Food-Hersteller anrufen. Hoffentlich hat's dort eine 24 Stunden Hotline.

Schön dass die Salz&Pfeffer-Gemeinde zu schätzen weiss, dass ein korrektes Produkt vielleicht ein bisschen mehr kostet, aber der Genuss dieses 'etwas mehr' mehr als aufwiegt.

Den Kaviar vor den Augen des Gastes abgewogen

Kaviar aus Russland wird laufend teurer. Die Russen haben gelernt, dass sich damit viel Geld verdienen lässt. Nur vergassen sie, für die Zukunft vorzusorgen. Dem Dollarbündeli zuliebe wurden einige Fische zuviel aus dem Wasser gezogen und nun wird der Stör knapp. Die Preise steigen, was aus kapitalistischer Sicht positiv klingt. Aber eben, eines Tages ist einfach Schluss. Flasche leer, so, als ob eine Ölquelle ausgepumpt sei. Ein UN-Abkommen soll nun einen Ausfuhrstop von Kaviar aus Kasachstan ins Auge fassen. Deshalb lagern 87 Tonnen Fischeier in Lagerhäusern und dürfen nicht an die 154 Nationen verschifft werden, die dem UN Abkommen beigetreten sind. Die Mullas in Persien freuts. Nachdem das Handelsembargo für Lieferungen nach den USA gefallen ist, machen sie nun Kaviar-Kasse.

In Paris wurde das Restaurant Prunier an der noblen Avenue Victor-Hugo umgebaut. Dort wird die Kaviarauswahl auf einem Wägeli an den Tisch gerollt und vor dem Auge des Gastes abgewogen. Ja, ja, auch bei den dicken Kreditkarten sitzt das Geld nicht mehr so locker.

Als Ersatz Schneckeneier

Vor ca. 20 Jahren servierte Max Kehl Schneckeneier. Die schmeckten eigentlich nach gar nichts, aber etwas aufgepeppt liess sich ein Anisgout erahnen und sie kosteten viel Geld. Wäre das die Rettung des Störs? Billiger als Kaviar war die Sache jedoch nicht.

Die Gäste beginnen zu rechnen, denn schnell gemachtes Börsengeld ist ebenso schnell vernichtet worden, Papiergewinne nicht einmal mehr das Papier wert.

Rechnen muss wohl auch ein Klaus Schwab, seines Zeichens Organisator des WEF in Davos. Ursprünglich hiess es, er wolle jährlich mehrere Preise à jeweils 1 Million Dollar vergeben für "social enterpreneurship". Inzwischen sind seine Think-Tools Aktien seit dem Höchstkurs um über 90% gefallen, die Börsenblase ist geplatzt. Jetzt heisst es zurückbuchstabieren. Die stolzen Multi-Millionen sinken auf ein Niveau, die vielleicht noch einer ehemaligen Kuoni-VR-Gehaltsvorstellung entsprechen. Vielleicht wird auch Klaus Schwab in Zukunft den Kaviar vor seinen Augen abwägen lassen. Zusätzlich könnte ihm noch weitere Unbill ins Haus stehen. Es wurde schon laut darüber nachgedacht, was das Verursacherprinzip in Davos genaugenommen für Folgen haben könnte. Ist Klaus Schwab als Organisator der Verursacher von Kostenfolgen für blockierte Bahnen und anderem mehr? Hat nicht das Bundesgericht in den vergangenen Jahren die Demonstrations-Verbote und -Einschränkungen nachträglich als nicht dem Gesetz entsprechend beurteilt? Falls es nach Zahlung solcher Spesen nicht mehr für Kaviar reichen sollte, bliebe immerhin noch der Seehasenrogen.

Misstraut Charles dem Mosimann?

Anlässlich der Eröffnung seines Schlösslis in Olten bat Anton Mosimann in einem Rundschreiben mögliche Kritiker darum, sein Lokal nicht zu bewerten. Weil Klagen befürchtet werden, wollte sich bisher niemand kritisch äussern. Dabei sind erste Kratzer im roten M-Lack bekannt. Deshalb wird es höchste Zeit, dass ER kommt. Am besten gleich mit IHR.

Die Bedienung sei in einem bestimmten Fall inakzeptabel gewesen (sorry, Bedienung ist eigentlich kein Salz&Pfeffer Ausdruck, aber hier zitiere ich), und das Dessert Zuhause besser, schreibt ein kritischer Gast. Zudem sei Olten mit dem Londoner Original (noch?) nicht zu vergleichen. Weiteren Gästen wiederum ist die Akustik im M-Rittersaal zu laut. Wer eines der Spezialdiners besuchte, zahlte zwischen Fr. 160.- inkl. Getränke (Marmite) und Fr. 35.- !! exkl. Getränke (Generalversammlung gesponsorter Jaguarfahrer). Irgendwie müssen sich die anvisierten Umsatzmillionen halt zusammenläppern.

Serviert wird M-Champagner (Fragen sie mal Ihren Nachbarn, in welchem Laden er nach M-Champagner Ausschau hielte...). Der Pinto auf der Karte entpuppte sich als Pinot: Die Weintemperatur ist im Bereich von kleineren Schwankungen vielleicht Ansichtssache, hier jedoch unter Umständen bewusst englische Un-Sitte? Kurz, einige Gäste waren nicht ganz happy, die geschleckte, nach aussen kundgetane Perfektion scheint ein paar Mängel aufzuweisen.

Bevor nun die M-Anwälte wegen weiterer publik gemachter Beschwerden in Aktion treten müssen, wird es endlich Zeit. Es wird Zeit, dass ER und SIE, Charles und Camilla nämlich, sich beim Vor-Verlobungsessen im Mosimann zu Olten zeigen! Sobald ER den Ort mit seiner Anwesenheit beehrt haben wird, wird alles andere nebensächlich. Keiner wird mehr reklamieren, sondern als Gast jeden Preis bezahlen, und zwar nicht des Essens und der Aussicht wegen, sondern um genau da gewesen zu sein wo auch ER war.

Aber es gilt auch Positives zu berichten. Zum Beispiel über die Friandises als krönenden Abschluss zum Kaffee, und auch über einen guten Geist namens Ella Meierhofer.

Eine Frage bleibt allerdings: Weshalb soll gemäss Blick-Spekulation Prinz Harry zum Tellerwaschen nach Klosters verbannt werden? Misstraut ER etwa dem Sör Mosimann und möchte ihm deshalb seinen Sohn nicht in Oltener Obhut geben? Oder befinden sich etwa in der näheren Umgebung zuviele Red Light Districts, die pubertierende Prinzen anlocken könnten?

Als EU-Kompatible Spezies besitze ich noch irgendwo einen Englischen Pass. Vielleicht frag ich als Untertan der Königin mal in der Botschaft nach. Es darf mich als kleiner Bürger wohl wundernehmen, wo mein vielleicht gar zukünftiger König seine Millionärskarriere beginnt.

ER GEHT!

Ende Mai 2002 hört der Zentralpräsident des Wirteverbandes, neudeutsch GastroSuisse, Peter Staudenmann, auf. Auf Schloss Laufen, wo Daniel E. heute residiert, lässt er bestimmt die Champagner-Korken knallen. Sicher hätte er auf seine Weise darüber geschrieben, und kurz darauf ein letztes Mal einen Vergütungsauftrag in unbestimmter Höhe wegen Ehrverletzung und anderem an den Wirteverbandsanwalt unterschrieben. Daniel E. hätte wohl beschrieben, wie jugendlich, wohlgeformt und ohne einen Tropfen Schweiss auf der Stirn der Zentralpräsident uns von der Bühne in Interlaken und auf dem Foto aus der Hotel-Revue entgegenstrahlte.

Rechtsanwalt Badertscher verliert einen Umsatzträger. Die GastroSuisse wird eine Entspannung in Sachen Rechtskosten verzeichnen und so vielleicht nächstes Jahr einen Gewinn ausweisen. Das Salz&Pfefferteam bedauert diesen Abgang aus einem Grund: Es bleibt uns zu wenig Zeit, das Visier neu einzustellen und Peter Staudenmann in gebührender Form in dieser Spalte zu würdigen.

Bruno Bötschi geht

Nach über 11 Jahren verlässt uns Bruno Bötschi, um eine Pause einzuschalten. Die Saure-Gurken-Zeit habe in diesem Zusammenhang für Zeitungsenten gesorgt, höre ich. Zur Zeit sitze ich in Frankreich auf unserem Hausboot und habe keine Schweizer Zeitungen zur Hand. Mehr dazu deshalb in der nächsten Nummer.

Hier habe ich übrigens ein Produkt gefunden, das sich 'Le Jambon de la Mer' nennt. Schweine aus dem Meer? Bisher kannte ich nur die Miss Piggy aus "Schweine im Weltall".

Aussehen tut's wie ein mit roten Streifen verzierter gebleichter Modelschinken, ausserordentlich dekorativ, vom Dessin her fast wie ein Stoffmuster von Zumsteg für Saint-Laurent. Degustibus! Nach einem Selbstversuch liess ich die feinen Nasen unseres Zoos entscheiden. Dieser besteht zur Zeit aus drei Katzen und drei Hunden Die Katzen zeigten kein Interesse. Es schmeckt wohl zu wenig nach Fisch. Ebensowenig konnte sich unser Chihuahua dafür begeistern. Irgendwie scheint das Ganze auch nicht so recht nach Fleisch zu schmecken. Mit grosser Begeisterung aufgeputzt hat es schlussendlich unsere Strassenmischung namens Colette. Die kommt aus dem Pariser Hundeasyl und hat zuvor einige Zeit als chien poubelle auf der Strasse überleben müssen.

Stefan Schramm, unser Mann für die Gourmesse, wird bestimmt keine solchen Kunstprodukte an unserer Messe für Geniesser zulassen. Allein schon seinen Telefonaten zuzuhören, lässt meinen Bauch vorfreudigst knurren. Morgens ein Gespräch mit einem Käser, Nachmittags eines zum Thema Olivenöl, Abends eine Degustation beim einem der Showköche, Tags darauf eine Besprechung bei Petermann: Ich freue mich auf den 12. Oktober. Bis dahin wünsche ich Ihnen einen schönen Sommer.