2001 Buffet 9

Kunstvoll schlafen

Kann ein Schlafzimmerbildmaler berühmt werden? Was ist die Funktion eines Schlafzimmerbildes? Soll es mich beruhigen und leichter einschlafen lassen, oder soll es mich des Morgens aufrütteln?

David Reed stellt im Kunstmuseum St. Gallen zwei Schlafzimmer aus. Kann ein Schlafzimmer ausstellen Kunst sein? Ja, die Idee ist nicht neu. Als die Künstlerin Manon in den 70-er Jahren ihr Schlafzimmer ausgestellte hiess die Ausstellung 'Das lachsfarbene Boudoir'. Sie bot den neugierigen Besuchern einen Blick in ihr privates Schlafzimmer, David Reed's Ausstellung heisst 'You look good in blue' und bietet Einblick in Schlafzimmer, die er direkt vom Drehort bekannter Filme mitgenommen hat. Zumindest erscheint dies dem Betrachter so. Die ausgestellten Schlafzimmer sind mit einem Fernseher versehen. Auf diesem läuft eine Sequenz aus einem alten Film. Einer der schönen, alten Schinken mit den grossen Stars. In Filmausschnitt erscheint eben dieses Schlafzimmer wie es nun im Museum steht. Die Schauspieler sind echt, eigentlich ist alles echt, aber ist das Bild von David Reed über dem Bett im Film echt? Es ist das gleiche Bild das hier im Museum über dem Bett hängt. David Reed ist doch erst 1946 geboren.... irgend etwas geht da nicht auf, das Spiel mit neuer Technik lässt wieder einmal die Frage aufkommen, was denn heute noch geglaubt werden darf.

Schlafen können Museumsgänger danach im nahegelegenen Hotel Ekkehard. Eines der Zimmer wurde mit einem Original-Bild von David Reed versehen. Ob man damit gut einschläft oder gut aufsteht, kann noch bis zum 11. November ausprobiert werden.

Was macht Happy?

Das Plakat irritiert. Von weitem gesehen könnte es von H&M stammen. Aber nur von weitem. Bei näherem Hinsehen steht unten Rechts im Stil des H&M-Schriftzugs MfK. Keine Werbung für die Motorfahrzeugkontrolle, sondern Abkürzung für Museum für Kommunikation, Bern. Dort geht eine Ausstellung der Frage nach, was Menschen heute glücklich macht. Ein Mix von Link-Umfrage-Ergebnissen, Werbeaufnahmen ohne Werbesprüche darauf und Politpropaganda aus Kuba wird den Besuchern präsentiert. Glaubt man der Werbung, so muss man nur dies oder jenes kaufen, und schon sind wir Konsumenten dem Glück etwas näher. Im Business English gibt es die Tätigkeit des Account Planning. Account Planning findet "Advertising is a means of contributing meaning and values that are necessary and useful to people in structuring their lives, their social relationships and their rituals." Hmm.

Dass Glück nicht nur mit Kaufen zusammenhängt, zeigen unter Fotos montierte Statements wie "Kinder erziehen", "nochmals wie ein Teenager verliebt", "im Garten gearbeitet" und "von den materiellen Dingen wegkommen". Kinder kann man (noch) nicht kaufen, verliebt sein auch nicht.

Die Ergebnisse der Link-Umfrage sind für das Salz&Pfefferland nicht gerade beruhigend. Genuss kommt erst an 16. Stelle! Erotik steht an 15. Stelle.

Essen & Trinken gehört nicht zu den gefragten Dingen. Allerdings steht Neugier, Austausch und Zweisamkeit oben auf der Liste. Alles Tätigkeiten, die während eines Essens stattfinden könnten. Also doch noch Hoffnung, dass Essen, Trinken & Geniessen nicht aussterben und die Erotik danach die Menschheit weiter vermehrt.

Ganz zuoberst auf der Liste steht übrigens Individualität, gefolgt von Ausgeglichenheit, Selbstausdruck und Authentizität.

Kann man Umfragen glauben?

Wenn Individualität und Authentizität so weit oben stehen, weshalb entwickeln sich denn die Labels trotzdem immer stärker. Der Druck auf die Kids und damit auf's Portemonnaie der Eltern, mit einem bestimmten Schuh, einer bestimmten Tasche und anderem mehr zur Schule zu gehen, wird immer grösser.

Ein Blick in andere Länder könnte hier eine Entlastung bringen. Weshalb nicht Schuluniformen einführen? So wäre zumindest tagsüber keine Pflicht zum Logo-verordneten Auftritt.

Kann man Umfragen glauben? Wie viele Personen würden bei einer Umfrage sagen, ja, ich lese den SAZ. Wenige. Natürlich weiss niemand, dass SAZ als Kürzel für das Sexanzeiger-Magazin dient. Wenn in einer Umfrage niemand diese Zeitschrift kennt, weshalb wird sie denn tausendfach gedruckt? Weil Umfragen eben doch nicht soviel aussagen? Dem Herausgeber des SAZ ist das Kürzel viel wert, also muss da irgendwie Umsatz zusammenläppern.

Stefan Amstutz hatte 1999 den Domain-Namen www.saz.ch für sich reservieren lassen. Seit September 2000 beschäftige der SAZ einen Anwalt um an dieses Internet-Kürzel heranzukommen. Die Chance, dass der Sexanzeiger die Site via Prozess an sich reissen könnte, war klein.

Schlussendlich wurde es dem Inhaber der Site doch zu dumm. Dauernd mit Anwälten korrespondieren ist nicht ganz gratis und zudem war seine Site bestimmt auch laufend von fehlgeleiteten Besuchern überschwemmt. Stefan Amstutz überlässt die Site dem SAZ, dafür erhält ein Projekt von Worldvision für Strassenkinder Fr. 10'000.-. Schön für die Strassenkinder die nun hoffentlich nicht im Red-Light-District aufwachsen.